Titelgeschichte – message 3-2010
Ob Hegemann, Bushido oder gestresste Studenten: Über geistigen Diebstahl wird gerne berichtet. Um das Plagiat im Journalismus ist es dagegen erstaunlich ruhig. Woran mag das liegen?
Von Andreas Raabe
Plagiate und ihre Enthüllung bieten Stoff für große Geschichten: Schwindel und Betrug, der Absturz des Superstars und schließlich Gerechtigkeit für den wahren Künstler.
Plagiatsskandale schlagen in Forschung und Wirtschaft, im Musikgeschäft oder in der Literatur hohe Wellen, zum Beispiel, als nachgewiesen wurde, dass Rapper Bushido Melodien von französischen und norwegischen Rockern geklaut und die Teenager-Autorin Helene Hegemann Teile ihres Romans »Axolotl Roadkill« unter anderem bei einem Berliner Schriftsteller abgekupfert hat.
Über Fehler schweigen
Im Unterschied zum Skandal-Geschrei in der Welt der Kunst scheint das Plagiieren im Journalismus kein Thema zu sein. Keine großen Enthüllungsstorys, kein »mea culpa« reuiger Ideendiebe, keine empört in die Kamera blickende Opfer.
Stoff für solche Geschichten gäbe es eigentlich genug. Das Problem ist nur: Niemand redet über Missgriffe der anderen. Dies gilt für einzelne Journalisten wie für Redaktionen, zudem sind deutsche Journalisten nicht gerade für ihre Lust auf Kollegenschelte bekannt.
Man erinnert sich an die paar Ausreißer, etwa an den Grimme-Preisträger und ARD-Nahostexperten mit Millionenpublikum, der jahrzehntelang aus Fachbüchern und der Weltpresse abschrieb, ohne dass ihm jemand auf die Schliche kam, zumindest kein Kollege. Nicht einmal Arabisch verstand dieser selbst ernannte und von den Fernsehmedien hofierte Experte, der mit seiner zusammengeklauten Kolportage das Arabienbild einer ganzen Nation prägte. Doch dazu später mehr.
Auch in der Journalismusforschung ist das Thema ein blinder Fleck. »Woran keiner interessiert ist, darüber gibt es auch keine Forschung«, sagt der Medienwissenschaftler Stefan Weber. Keine einzige wissenschaftliche Arbeit in Deutschland beschäftigt sich explizit mit dem Plagiieren im Journalismus. Das ist erstaunlich angesichts der Fülle an Arbeiten etwa zum Plagiat in der Wissenschaft. Dafür kann es nur zwei Gründe geben: Entweder existiert das Problem – abgesehen von ein paar Ausnahmefällen – nicht. Oder man erfährt so wenig darüber, weil es fast schon üblich ist, weil es verharmlost oder totgeschwiegen wird. Der zweifelhafte Ruf, geistiges Eigentum zu klauen, würde auf die Berufsrolle und damit auch auf die Glaubwürdigkeit der Journalisten zurückfallen. Also werden Problemfälle intern ausgehandelt, Motto: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.
Draufhauen
Anders als in Literatur und Kunst geht es im Informationsjournalismus oft nicht um eine klare geistige Urheberschaft, sondern um ein Amalgam aus exklusiven Informationen, Zusammenhangswissen und Beobachtungen, die zu einem Bericht, einer Geschichte zusammengebraut werden. Wo beginnt hier das Urheberrecht, dessen Verletzung als Plagiat oder geistiger Diebstahl zu brandmarken wäre? An Informationen hat niemand ein Urheberrecht, hier geht es bestenfalls um Fairness und Redlichkeit. DJV-Sprecher Hendrik Zörner wiegelt darum ab: »Es kommt natürlich auf die Definition an, aber so wahnsinnig häufig kommen Plagiate nicht vor.« Spontan kann er sich an keinen einzigen Fall von Plagiarismus im Journalismus erinnern. Eine Tabuisierung, ein Unter-den-Teppich-Kehren der Problematik kann er sich nicht vorstellen. Zörner: »Wenn man sich den Medienjournalismus mal anschaut: Sendungen wie Zapp zum Beispiel, die würden da doch sofort draufhauen.« Würden die?
Für diese These spricht zunächst, dass im digitalen Zeitalter der Nachweis simpel scheint. »Einen Plagiator zu erkennen, ist für uns ganz einfach«, sagt Petra Kerkermeier, Leiterin des Doku-Ressorts beim Focus. Texte könnten in kostenpflichtigen Pressedatenbanken abgeglichen werden. Allerdings tun die Focus-Leute das nicht automatisch – erst muss es einen Verdacht geben.
Schwieriger sei es, plagiierte Geschichten zu erkennen, bei denen die Story, eine Dramaturgie oder handelnde Personen aus anderen Artikeln entnommen und leicht verändert in eigene Geschichten eingebaut werden. Hier komme es auf die Professionalität und Aufmerksamkeit der Dokumentare an. »Das funktioniert rein intellektuell, darum ist es auch so wahnsinnig wichtig, dass unsere Dokumentare gut geschult sind.«
Kerkermeier erinnert sich dunkel an Plagiatsversuche, die den Focus-Dokumentaren aufgefallen sind. »Das waren meist freie Journalisten – wir haben die entsprechenden Beiträge dann nicht abgedruckt«, sagt sie – an Namen erinnert sie sich nicht.
Brötchen verdienen
Das Delikt des Plagiats betrifft im Kern die originäre Schöpfung eines Autors. Und die ist im Nachrichtengeschäft nur schwer nachzuweisen. »Was die Presse macht, ist industrielle Textproduktion«, sagt Hauke Janssen, Leiter der Dokumentation im Spiegel-Verlag. Mit bis zu 70 Kollegen prüft er Woche für Woche alle Texte, die im gedruckten Spiegel erscheinen. »Szenische Einstiege beispielsweise werden durchaus abgeschrieben, so etwas passiert bei deutschen Medien alle Nase lang«, sagt Janssen. »Das ist aber Tagesgeschäft – da regt sich keiner drüber auf.«
Vor der Veröffentlichung im Spiegel lassen die Dokumentare alle Texte durch Pressedatenbanken laufen, »nicht unbedingt um Plagiate zu finden, sondern um zu prüfen, ob die Fakten stimmen und vor allem, ob das jeweilige Thema wirklich neu ist.« Diese Prüfung würde Abschreiber auffliegen lassen. »Darum plagiiert bei uns auch niemand«, sagt Janssen. Schließlich fallen dem Chef-Factchecker doch noch »ein, zwei Fälle« von Plagiatsversuchen ein, die in seiner Redaktion entdeckt worden sind. Wenn das passiert, »gibt es Ärger«, sagt Janssen. Namen möchte er aber nicht nennen – im Interesse der erwischten Autoren: »Die Kollegen müssen morgen ja auch noch ihre Brötchen verdienen.«
Plagiate-Jäger
»Wow, das ist ziemlich krass«, kommentiert der kanadische Medienjournalist Craig Silverman die Aussage von Janssen. Auf seiner Website regrettheerror.com erstellt Silverman seit 2005 Listen mit den Plagiatsfällen des Jahres – hauptsächlich aus US-amerikanischen Medien. Im Jahr 2009 fand er 19 Plagiatsfälle, ein Jahr früher waren es noch 26 – meist hatten die Verstöße den Rauswurf der Plagiatoren zur Folge. »Wenn man solche Vorfälle nicht öffentlich macht, werden Journalisten ermutigt, wieder und wieder zu plagiieren. Was ist mit den Kollegen, deren Worte gestohlen wurden? Was ist mit den Lesern und Zuschauern? Wenn wir unsere eigenen Fehler und Verstöße verstecken, wie sollen sie uns vertrauen?«
Als der Tagesspiegel-Korrespondent Malte Lehming im Jahr 2003 offenbar einen Bericht über Metro-sexuelle aus der New York Times teilweise übersetzte und abschrieb, nahm der damals stellvertretende Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff seinen Redakteur Lehming in Schutz. »Hier ist nichts erfunden worden«, wird Castorff in der Frankfurter Rundschau zitiert, die wie die Taz über den Fall berichtete. Lehming arbeitet heute noch beim Tagesspiegel – als leitender Redakteur »Meinung«. Casdorff wurde Chefredakteur – das offensichtliche Plagiat und seine Deckung standen der Karriere nicht im Wege.
In den USA, aber auch in anderen Ländern, wird das Abkupfern von Texten deutlich rigoroser kritisiert. Wer auffliegt, fliegt raus. »Plagiarismus ist Diebstahl«, sagt Silverman. »Diebstahl ist in keiner Gesellschaft akzeptabel, und dabei ist es egal, ob es sich um ein Auto oder um Worte handelt«.
In seinem Blog medienpiraten.tv berichtet der Medienjournalist Peer Schrader von einem besonders dreisten Fall: Im April 2007 übernimmt eine Redakteurin der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), unter der Überschrift »TV-egal« große Teile eines Textes, den Schrader einige Tage zuvor in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung veröffentlicht hat. Schrader dokumentiert die nur leichten Wortumstellungen der WAZ-Journalistin. Als er sie anruft und auf die Ähnlichkeiten anspricht, beteuert sie laut Schrader, »nicht oft« so zu arbeiten. Ein paar Tage später bietet sie ihm – nach Absprache mit ihrem Ressortleiter – ein Honorar von 46 Cent pro Zeile an, wobei man noch aushandeln müsse, wie viele Zeilen man eigentlich berechnen könne, immerhin hätte sie auch einige Worte beigetragen. Schraders Kommentar auf medienpiraten.tv: »Manchmal verstehe ich schon, warum Journalisten so einen schlechten Ruf haben.« Nachdem der Fall in der sogenannten Blogosphäre hohe Wellen schlug, entschuldigte sich die WAZ bei Schrader, zahlte ihm ein Honorar und nahm den Beitrag von ihrer Website.
Tricksereien
Plagiate lassen sich gut verschleiern, wenn es sich um die erwähnte Verbindung von Informationskontexten, Akteuren und Story-Elementen handelt: Indem man die Geschichte nacherzählt, kann man die originäre geistige Leistung des Urhebers einfach mit übernehmen. Beispielsweise entdeckte der Medienberater Steffen Büffel in einem Spiegel-Artikel mit dem Namen »Blau wie die Neun« deutliche Parallelen zu einer vorher erschienen BBC-Dokumentation – in beiden Beiträgen ging es um Daniel Tamment, einen Inselbegabten und Zahlenkünstler wie aus dem Film »Rain Man«. Szenen des BBC-Films gleichen sich mit Szenen des Artikels, so als wäre der Autor beim Dreh dabei gewesen, oder als hätte er sich beim Schreiben von der Handlung des Films inspirieren lassen.
Im Spiegel-Artikel gibt es zwar einen Hinweis auf den BBC-Film, »aber das muss ja nicht gleich heißen, dass man Dramaturgie, Szenen und O-Töne in weiten Teilen daraus abkupfert und so tut, als habe man selbst recherchiert«, schreibt Büffel auf seiner Website. »Als ich die Redaktion darauf hinwies, bekam ich als Antwort nur die Frage, wo denn eigentlich mein Problem liegen würde«, erzählt er am Telefon. Büffel fühlte sich als Leser des Spiegel veralbert, das war sein Problem, sagt er.
Das beiläufige Erwähnen der Quelle ist ein beliebter Trick, um sich des Plagiatsvorwurfs erwehren zu können. Ein Beispiel dafür ist ein Spiegel-Artikel über Obamas Wahlkampf von Spiegel-Korrespondent Gregor Peter Schmitz: Der Blogger Rainer Meyer alias donalphonso berichtete auf seiner Seite blogbar.de als Erster von dem Beitrag, der offenbar in großen Teilen aus der Washington Post (WP) abgeschrieben war. Unter der Überschrift »Vier Strategen planen den Obama-Hype« tauchen Schlüsselszenen – unter anderem der Einstieg – auf, die fast wörtliche Übersetzungen des Artikels »The $75 Million Woman« des Washington Post-Reporters Matthew Mosk sind. An einer Stelle im ersten Drittel verweist der Spiegel-Autor beiläufig auf die Quelle. Zitat Spiegel: »Der Senator zog einen Klappstuhl heran, war in der »Washington Post« zu lesen, und setzte sich Julianna Smoot gegenüber.« Weite Strecken des Artikels scheinen jedoch ohne weitere Quellenhinweise übersetzt und abgeschrieben. Spiegel-Online sah sich durch die Kritik bisher nicht veranlasst, den Beitrag von der Seite zu nehmen.
Für Korrespondenten wie Spiegel-Mann Schmitz ist das Risiko, entdeckt zu werden, gering. Die Kontrolle durch die Heimatredaktion ist lascher als bei Inlandsjournalisten und es gibt – das zeigen die Beispiele – die verlockende Möglichkeit, Passagen aus Storys einheimischer Medien zu übersetzen und in die eigene Geschichte einzubauen. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass ein Journalist aus dem Ausland merkt, dass seine Geschichte in einem deutschen Medium »wiederveröffentlicht« wurde.
Im Ausland nichts Neues
Auf ein für Korrespondenten typisches Problem weist der Afrika-Experte und Medienwissenschaftler Lutz Mükke hin. In seinem Buch »Journalisten der Finsternis« beschreibt er die Arbeit eines ARD-Afrika-Korrespondenten, der jährlich an die tausend Beiträge, gespickt mit O-Tönen, aus dem riesigen Kontinent lieferte. Das Geheimnis der übermenschlichen Leistung heißt BBC: Der Korrespondent schnitt systematisch O-Töne aus dem Angebot des Senders mit und baute sie ohne Quellenangabe in seine Beiträge ein.
Ein ehemaliger Mitarbeiter dieses Korrespondenten bekennt in Mükkes Buch: »Wenn die BBC mitbekommen würde, dass wir hier ihre O-Töne stehlen, dann könnten sie gerichtlich gegen uns vorgehen.« Der ARD-Korrespondent sei inzwischen auch aufgrund seiner Arbeitsleistung auf einen »weit wichtigeren Korrespondentenposten« befördert worden, weiß Mükke. »Wenn ein Rundfunkjournalist viele kleine Stücke absetzen muss, immer mit dem Zwang, O-Töne zu bringen, dann führt das dazu, dass die Kollegen nicht mehr aus dem Büro kommen und den Rundfunk mitschneiden«, bestätigt Jürgen Krönig, der seit mehr als 25 Jahren Korrespondent in Großbritannien ist. »Das passiert ständig, und solange es sich um ein öffentliches Statement eines Premierministers handelt, ist das auch nicht problematisch.« Anders sei es, wenn Reportagen mit kopierten O-Tönen illustriert werden – da sei eine Grenze überschritten, meint Krönig. »Das passiert häufiger als man denkt. Ich würde die Verantwortung dafür aber zum größeren Teil bei den Auftraggebern sehen, die einerseits Kürze und andererseits O-Töne verlangen.« Der Aktualitätsdruck tut sein Übriges.
Skurrile Formen nimmt der Hang zum Plagiieren an, wenn sich Abschreiber von Abschreibern bedienen. Eines Tages, berichtet die freie Journalistin Verena Hagedorn, sei sie nach der Veröffentlichung eines Reiseberichts in der Freundin von einem erbosten Leser des Plagiats bezichtigt worden: Sie hätte die Geschichte wortwörtlich bei der Für Sie abgeschrieben.
»Das fand ich bizarr, da ich für dieses Magazin zu dem Zeitpunkt weder schrieb, noch es jemals las«, sagt Hagedorn. Des Rätsels Lösung: Hagedorn hatte für ihren Reisebericht Passagen eines alten Textes, den sie für das inzwischen eingestellte Reisemagazin Holiday geschrieben hatte, recycelt – ein Selbstplagiat, das mit der Freundin-Redaktion abgesprochen war, wie Hagedorn versichert. Nur so aber konnte das tatsächliche Plagiat in der Für Sie auffliegen – dessen Autor hatte nämlich von dem Ursprungstext in der Holiday abgeschrieben. »Meine Anfrage bei der Für Sie versandete ergebnislos. Es hieß, man könne nicht mehr feststellen, wer den Beitrag geschrieben hat«, erzählt Hagedorn.
Wird Plagiieren im deutschen Journalismus nicht nur kleingeredet, sondern in der Branche auch weithin akzeptiert, sofern es der Auflage oder Reichweite dient? Manchmal kennt die Dreistigkeit jedenfalls keine Grenzen: Eine freie Journalistin berichtet von einem Fall, bei dem ein Redakteur des Playboy Sätze aus Artikeln der New York Times und der Süddeutschen Zeitung abschrieb und in ihren Text kopieren wollte, als er ihn für den Druck redigierte. »Ich war erschüttert und habe das natürlich verhindert«, sagt sie. »Aber ich hatte das Gefühl, der Redakteur hielt das für normal.«
Zurück zu der Eingangsgeschichte um jenen ominösen Arabien-Experten im deutschen Fernsehen – ein Fall, der zeigt, dass fast alles möglich ist und die Enthüllung, wenn schon, dann von außen kommt.
Auf Konzeltour
Der Skandal wurde Anfang der 90er Jahre eben nicht von Journalisten aufgedeckt, sondern vom Plagiatsopfer, dem kürzlich verstorbenen Orientalisten Gernot Rotter. Er fand heraus, dass der langjährige ARD-Nahostkorrespondent, Grimme-Preisträger und Moderator des Weltspiegels Gerhard Konzelmann ungehindert große Teile seiner mehr als zwanzig Sachbücher über den Nahen Osten bei Rotter und anderen Autoren abschrieb. »Wann schreibt er nur all diese Bücher«, fragte Rotter sich anfangs und las nach. »Ich schlug Konzelmanns Buch »Mohammed – Allahs Prophet und Feldherr« auf, und schon nach wenigen Seiten dachte ich: Irgendwie kennst du das doch«, erinnert sich Rotter. Es waren seine Worte, die da standen. Seite um Seite ging es so weiter, mal waren einige Worte verdreht, mal ein Halbsatz gestrichen. Rotter, damals Professor in Hamburg, war fassungslos. Mit Hilfe seiner Studenten ging er auf »Konzeltour«, wie er es nennt. Systematisch durchforsteten sie das umfangreiche Werk des sehr populären ARD-Mannes. Rotter wies ihm nach, kein Arabisch zu können.
Ein ganzes Buch namens »Allahs Plagiator« füllte Rotter mit den »publizistischen Raubzügen« des Journalisten Konzelmann. Der hatte sich unter anderem bei Rotters Übersetzungen arabischer Werke bedient, ohne je auf die Quelle hinzuweisen. Am Ende zahlte Gerhard Konzelmann dem Bestohlenen 50.000 DM, um ein Gerichtsverfahren zu verhindern. »Der Konzelmann hat viel geschrieben und wenig gewusst«, sagt Rotter. »Das war wohl sein Problem.«
Abgeschrieben – na und?
Aktuell am Konzelmann-Skandal ist, dass hier kein Kollege, sondern der außenstehende Betroffene reagiert hat, und zwar erst, nachdem zahllose Bücher und Sendungen veröffentlicht sowie ihm und der Öffentlichkeit ein ungeheurer Schaden erwachsen waren. Doch wer durchforstet schon den Blätterwald oder das Internet, um zu prüfen, ob eine Formulierung, eine Szene gestohlen wurden? Die Egal-Haltung der Journalistenbranche wie auch das geringe Risiko, entdeckt zu werden, macht aus dem Plagiieren ein alltagstaugliches Verfahren.
Der Fall Hegemann lädt in diesem Zusammenhang zu einem kleinen Bonmot ein: Während das Feuilleton eifrig damit beschäftigt war, das Buch des Teenagers in den Himmel zu loben, war es ausgerechnet ein Blogger, der die Wahrheit hinter Hegemanns Werk enthüllte. Nachdem sich die Leitmedien – Spiegel, FAZ und Die Zeit – vom Schock erholt hatten, zeigten deren Feuilletonisten plötzlich großes Verständnis für den Wortdiebstahl: »Helene Hegemann hat abgeschrieben. Na und? Das haben schon ganz andere vor ihr getan«, schrieb Spiegel-Redakteur Daniel Haas. Recht hat er.
Guten Tag,
das, was herauskommt, stellt doch nur eine winzige Spitze des Eisbergs dar. In der Provinz wird selbst aus Publikationen abgeschrieben, die vor Ort Verbreitung gefunden haben. Und dann wird auch noch der „Original“- Autor vom Chefredakteur verhöhnt…
home.arcor.de/schenstroem/magazin/skn.htm
Viele Grüße
schenstroem