Der Bitprof schüttelt gern sein Haar – in Computerspielen muss er darauf leider verzichten
Schauen Sie mal aus dem Fenster. Was sehen Sie? Genau: Leute mit Haaren. Haare – kennt jeder, braucht jeder, will jeder. Haare unterscheiden den Mensch vom Tier, das wusste schon Nietzsche, und wer die Karli entlang spaziert, erkennt an der Dichte von Friseurläden: Haare sind im Leben der Menschen mindestens so wichtig wie Döner und Bier. Computerspiele allerdings haben ein Problem mit Haaren. Es gibt bis heute keine Computergrafik, die Haare realistisch simulieren kann.
Früher gab es ähnliche Probleme mit Feuer, mit Wasser und beim realistischen Schwingverhalten weiblicher Oberweiten. Diese Schwierigkeiten wurden gelöst, nur das mit den Haaren bekommen selbst die besten Physikengines noch nicht hin. Diese Wunderwerke der Programmierkunst sind für realistische Bewegungen von Objekten in Spielen zuständig. Jedes Haar simulieren sie mittels einer Reihe von Massepunkten, die mit so etwas wie Sprungfedern verbunden sind. Für eine Tolle aus zehntausenden Einzelhaaren sind diese Berechnungen aber zu kompliziert. Darum sehen die Haare von Computerspielcharakteren oft aus, als hätte man ihnen einen beim Scherenschnittkurs verunglückten Schuhkarton aufs Haupt gepappt.
Doch nicht nur das macht die Wahl der Frisur bei der Charaktererstellung in Rollenspielen zur Qual. Ein richtiger Mann hat keine Frisur, hieß es einst, als Männer noch Sportwagen ohne Airbag fuhren. Das ist heute offensichtlich anders, darum kann man selbst dem furchterregendsten Wikinger-Ork eine blöde Stachelhaarfrisur aufsetzen. In Online-Rollenspiele sollte man sich damit allerdings nicht wagen, außer man will erreichen, dass die Spieler am anderen Ende der Internetleitung mit einem Lachkrampf vom Stuhl fallen. Das erste Spiel mit vernünftiger Haarsimulation wird hier mit Sicherheit als Spiel des Monats abgefeiert, genauso wie das erste Spiel, in dem man Döner essen kann.
Mit barbierischen Grüßen,
Ihr Andreas Raabe
erschienen im kreuzer 09.10