Liebe und Videospiel

Der Bitprof wird herbstlich romantisch und verdammt temporale Parallelitäten

Der Herbst soll ja die beste Zeit sein, um in das Geschäft der Liebe einzusteigen. So lautet eine alte Weisheit notorischer Hauspartybesucher und Liebespartnerabschlepper. Viele einsame Herzen suchen nach Wärme zum Ankuscheln und so weiter, nachdem sie ihre Sommerliebe in den Wind geschossen haben oder von selbiger in den Wind geschossen wurden. Gleichzeitig ist der Herbst natürlich auch die beste Zeit, um Videospiele zu spielen. Die Gründe für beide Jahresendaktivitäten sind ähnlich – im Wesentlichen Kälte und Dunkelheit, die über einem hereinbrechen, sobald man das Haus verlässt. Verbinden lassen sie sich leider kaum. Eher im Gegenteil – das eine hindert stark am anderen.

Dass diese These sich durchaus mit Realität füllen lässt, kann man zum Beispiel auf der tollen Internetseite smsvongesternnacht.de nachlesen. Dort können die Nutzer ihre sms-Konversationen anonym veröffentlichen. Folgender Dialog zum Thema Liebe und Videospiele ist dort zu lesen:

23:38 kommst du zu mir ins bett? warte auf dich… 🙂 <3
00:07 ^sry zock grad noch gleich xbox schatz
00:09 jaja weißt du was? steck doch deinen penis in deine xbox, vllt befriedigt die dich genau so -.-‚
 

Man sieht hier ganz deutlich, wo das Problem liegt: in der Zeit. Genauer gesagt ist es die durch irgendwelche physikalischen Gesetzmäßigkeiten den Menschen aufgezwungene temporale Parallelität des eigenen Lebens mit dem anderer Leute. Das ist eine schöpferische Frechheit, die schon so manches Leid hervorgerufen hat. Wäre es nämlich nicht so, könnten jene, die auf ihre Xbox-spielenden Freunde oder Freundinnen warten, einfach vorspulen, und das Problem wäre gelöst. Doch leider müssen sich alle einsamen Herzen da draußen entscheiden, was sie wollen, wenn er über uns rollt, der kalte, dunkle Leipziger Herbst: Liebe oder Videospiel?

Hat sich schon entschieden,
Ihr Andreas Raabe

erschienen im kreuzer 11.11

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